Aktuaslisiert am: 12. Dez 2018 @ 12:49

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Sind die meisten Formularkaufverträge derzeit unwirksam?

Stefan Pahl - Rechtsanwalt für Pferderecht

Von Rechtsanwältin Iris Müller-Klein

Die Autorin Iris Müller-Klein ist als Rechtsanwältin für Pferderecht tätig.

Springreiter

 Zur Unwirksamkeit von Formularkaufverträgen

(Pferderecht-Wissen.de) Gerade zum Winter werden viele Pferde verkauft, weil die Ställe überfüllt sind und Platz für die Nachzucht geschaffen werden muss. Sobald ein passender Käufer gefunden ist, stellt sich die Frage, ob das Pferd ohne Kaufvertrag per Handschlag, oder lieber mit einem schriftlichen Kaufvertrag veräußert wird. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass der Verkäufer eines Pferdes sich nach Möglichkeit durch geeignete Formulierungen in einem Vertrag absichern sollte und seine Haftung auf ein erträgliches Maß begrenzt. Da der Verkäufer ein Pferd häufig veräußert, weil das Geld ohnehin knapp ist, scheut er den Gang zum Rechtsanwalt, um sich einen Vertrag von fachlich versierter Seite fertigen zu lassen. Stattdessen sucht er im Internet oder in Reitsportzeitschriften nach einem Formularkaufvertrag. Diese Praxis ist jedoch gefährlich, da viele der auf dem Markt (kostenlos) erhältlichen Formularverträge in den Klauseln, die sich mit der Beschaffenheitsvereinbarung, der Haftungsvereinbarung und der Verjährungserleichterung befassen, unwirksam sind, wenn sie der Inhaltskontrolle durch die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen nicht standhalten.
Dieses hat ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15.11.2006, welches in den einschlägigen Pferdezeitschriften nur deshalb Interesse gefunden hat, weil sich der BGH erstmals zu der Frage geäußert hat, wann ein Pferd „neu“ oder „gebraucht“ ist, bestätigt. Die Bedeutung dieses Urteils für die Praxis ist jedoch weitgehender, wie viele Pferdeverkäufer aktuell vor Gericht erfahren müssen:

In dem vom BGH entschiedenen Rechtsstreit erwarb der Kläger von der Beklagten auf einer Auktion ein sechs Monate altes, noch bei der Mutter laufendes Hengstfohlen. Die Auktionsbedingungen bestimmten u.a., dass Gewährleistungsrechte des Käufers innerhalb von 12 Monaten ab Gefahrübergang verjähren. Nach Ablauf von insgesamt 23 Monaten erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, das Fohlen leide an einem angeborenen Herzfehler und sei daher mangelhaft. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Berufung auf die in ihren Auktionsbedingungen vorgesehene Verjährungsfrist von 12 Monaten ab.

Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz der Unter- haltungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fohlens gerichtete Klage wegen Verjährung zurück. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung. Hiergegen richtete sich die Revision des Klägers, so dass der BGH über den Rechtsstreit zu entscheiden hatte.

Entgegen den beiden vorinstanzlichen Gerichte kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Kläger den Rücktritt rechtzeitig, nämlich innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist, erklärt hat. Der BGH stellte nicht (allein) darauf ab, ob es sich bei dem verkauften Hengstfohlen um ein „neues“ oder ein „gebrauchtes“ Tier handelt. Er stellte vielmehr fest, dass die Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in den Auktionsbedingungen der Beklagten unwirksam ist. Denn bei der betreffenden Klausel handelt es sich um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung, die ohne Ausnahme alle Gewährleistungsrechte des Käufers, also auch etwaige wegen eines Mangels bestehende Schadensersatzansprüche verkürzt, so dass sie wegen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam ist.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen vor Vertragsabschluss stellt. Alle Formularkaufverträge, die entweder im Internet oder in Zeitschriften für die Verwendung zur Verfügung gestellt und mehrfach verwendet werden, sind also allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen einer strengen Kontrolle.

Der BGH führte in dem o.g. Urteil weiter aus, dass für Schadensersatzansprüche, soweit sie auf Ersatz von Körper- und Gesundheitsschäden gerichtet oder auf grobes Verschulden gestützt sind, die Haftung in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam begrenzt werden kann. Eine solche unzulässige Haftungsbegrenzung stellt auch die Abkürzung der Verjährungsfrist für die betreffenden Ansprüche dar. Der Verstoß hat zur Folge, dass die Abkürzung der Verjährungsfrist insgesamt unwirksam ist und der Käufer auch noch innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren den Rücktritt erklären kann.

Viele auf dem Markt befindliche Formularkaufverträge leiden unter solchen Mängeln, soweit z.B. in den Haftungsbegrenzungsvereinbarungen Ansprüche wegen des Ersatzes von Körper – und Gesundheitsschäden oder für grobes Verschulden nicht ausdrücklich ausgenommen werden, sind die Klauseln unwirksam. Praktisch bedeutet dies, dass keine wirksame Haftungs – oder Verjährungsbegrenzung vereinbart wurde, weil anstelle der getroffenen unwirksamen Regelung die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung gelangen. Danach hat der Käufer zwei Jahre die Möglichkeit wegen bei Übergabe des Pferdes bestehender Mängel Sachmangelhaftungsrechte auszuüben. Folglich sollte ein jeder Pferdeverkäufer einen Formularkaufvertrag vor der Verwendung aufmerksam prüfen, ob der von ihm ausgewählte Vertrag auch der gesetzlichen Inhaltskontrolle standhält. Nur dann sollte er ihn verwenden, da er anderenfalls rechtlich nicht besser als bei einem Vertrag per Handschlag gestellt ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Verkäufer Unternehmer oder Verbraucher ist, denn Formularkaufverträge unterliegen gleichermaßen der Inhaltskontrolle.

Der von den Rechtsanwälten Bemmann, Holtgräve, Klimke und mir verfasste Formularkaufvertrag erfüllt im übrigen die oben dargelegten Kriterien.

 

 

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