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Von Rechtsanwältin Iris Müller-Klein | Profilseite / Rechtsberatung
Aufforderung zur Nachbesserung bei Rückabwicklung des Pferdekaufes nicht vergessen!
(Pferderecht-Wissen.de) Stellt der Käufer einen vermeintlichen Mangel seines erworbenen Pferdes fest, neigen viele Käufer im ersten Augenblick dazu, einen bösen Brief an den Verkäufer zu schreiben, in dem sie den Mangel darlegen und den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Dieses Vorgehen kann im Falle eines Rechtsstreits jedoch fatal sein. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich von einem Vorrang der Nacherfüllung aus, d.h. bevor sich der Käufer vom Kaufvertrag lösen kann, muss er den Verkäufer unter Setzung einer angemessenen Frist auffordern, den Mangel zu beheben. Nur dann, wenn die Behebung des Mangels unmöglich oder unzumutbar ist, kann auf die Aufforderung zur Nachbesserung verzichtet werden. Mit der Frage, ob die Durchführung der Nachbesserung unmöglich ist, hatte sich jüngst das Landgericht Hildesheim zu beschäftigen. Dem lag der folgende Rechtsstreit zugrunde:
Der Käufer erwarb ein Dressurpferd, wobei er den Kauf von dem positiven Ergebnis einer klinischen und röntgenologischen Kaufuntersuchung abhängig machte. Klinisch war das Pferd unauffällig, röntgenologisch (angeblich) in die Röntgenklasse II einzuordnen. Er entschloss sich zum Kauf. Nur wenige Wochen später war das neu erworbene Ross lahm. Der Haustierarzt des Käufers riet dringend dazu, die Röntgenbilder der Kaufuntersuchung einzusehen, da sich die Lahmheit nicht besserte. Die Röntgenbilder der Kaufuntersuchung waren jedoch unauffindbar, so dass das der Tierarzt erneut Bilder der Gliedmaße, an der die Lahmheit auftrat, anfertigte. Es stellte sich heraus, dass das Pferd an röntgenologischen Veränderungen litt, eine Osteophytenbildung an der linken Vordergliedmaße im Bereich des Kronbeins bestand, eine Einkerbung am Sagittalkamm des Röhrbeins und vorne rechts ein Chip (sog. OCD ) vorlag. Die Lahmheitsursache war kausal auf den Chip zurückzuführen, was durch diagnostische Anästhesien ermittelt wurde. Entgegen des Ergebnisses der Kaufuntersuchung stellte der Tierarzt fest, dass das Pferd röntgenologisch in die Röntgenklasse III gem. des sog. Röntgenleitfadens einzuordnen sei.
Den Käufer quälte (verständlicherweise) erhebliche Kaufreue. Er schrieb dem Verkäufer einen bösen Brief – ohne zuvor Rechtsrat einzuholen – und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne vorher die Nachbesserung zu fordern. Der Verkäufer lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrages ab.
In der Folge verklagte der Käufer den Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz. Es wurde in dem Rechtsstreit ein Sachverständigengutachten eingeholt, welches die Befunde der vom Käufer durchgeführten Untersuchung bestätigte und die Lahmheit auch kausal auf die Röntgenbefunde, nämlich konkret den Chip, zurückführte. Der Verkäufer rügte in dem Rechtsstreit jedoch, dass er zur Nachbesserung des Kaufvertrages binnen einer angemessenen Frist hätte aufgefordert werden müssen. Der Käufer verteidigte sich, indem er vortrug, dass eine Nachbesserung reine Formsache gewesen sei; die röntgenologisch darstellbaren Veränderungen des Pferdes seien irreparabel, eine Nachbesserung sei daher nicht möglich. Der Sachverständige kam nach eingehender Untersuchung des Pferdes zu dem Ergebnis, dass der Chip als Ursache der Lahmheit unproblematisch operiert werden könne. Dass bereits ein irreparabler Schaden eingetreten sei, konnte er nicht bestätigen. Demnach wäre eine Nachbesserung des Verkäufers durch die Durchführung einer entsprechenden arthroskopischen Entfernung des Chips durchaus möglich gewesen. Da der Gesetzgeber jedoch die Aufforderung des Käufers zur Nachbesserung fordert, bevor wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten werden kann, wies das Landgericht Hildesheim die Klage des Käufers als unbegründet ab.
Es ist daher wichtig, vor Erklärung eines Rücktritts immer daran zu denken, dass dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit der Nachbesserung gegeben werden muss. Die Nachbesserung kann beispielsweise durch Vornahme einer tierärztlichen Behandlung erfolgen, jedoch auch in der Form der Nachlieferung eines vergleichbaren Pferdes. Die Rechtsprechung hat bereits mehrfach entschieden, dass auch beim Kauf eines (Reit-) Pferdes das Nacherfüllungsverlangen des Käufers durch Beschaffung eines geeigneten Ersatzpferdes mit den vertraglich geschuldeten Eigenschaften möglich ist. Beispielsweise entschied im Jahr 2007 das Landgericht Hildesheim, dass ein Käufer, der ein ruhiges Pferd für seine Kinder zum Reiten suchte, nicht auf ein konkretes Pferd beschränkt sei. Jedes andere Pferd mit den gleichen Eigenschaften als „Familienpferd“ sei für die Zwecke des Käufers in gleicher Weise geeignet. Ähnlich entschied das Amtsgericht Hannover beim Kauf eines Schulpferdes. Auch hier ging das Gericht davon aus, dass ein Schulpferd nicht derart individualisiert sei, dass die Nachlieferung durch ein vergleichbares Schulpferd mit ähnlichen Eigenschaften nicht möglich sei.
Einem jeden Käufer kann daher nur geraten werden, bei Entdecken eines Mangels den Verkäufer zunächst zur Nachbesserung aufzufordern, um nicht Gewährleistungsansprüche zu verlieren. Die Praxis zeigt, dass nur die wenigsten Verkäufer tatsächlich Anstalten machen, eine Nachbesserung durch beispielsweise eine tierärztliche Behandlung oder eine Nachlieferung durch Tausch gegen ein geeignetes anderes Pferd vorzunehmen. Somit handelt es sich in der Praxis mehr um eine Formsache, dennoch schreibt der Gesetzgeber das Recht des Verkäufers auf Nachbesserung groß, denn die Lösung vom Vertrag soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme sein.
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