Tierarzt: Haftung bei fehlerhafter Ankaufsuntersuchung
Von Rechtsanwalt Stephan Pahl
Der Autor Stephan Pahl ist als Rechtsanwalt für Pferderecht europaweit tätig.

(Pferderecht-Wissen.de) Der Fall war einfach: Ein Pferdekäufer hat eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen lassen und der Tierarzt hat einen gravierenden Mangel des Pferdes übersehen. Der Käufer hat nun direkt den Tierarzt auf Schadensersatz verklagt, nachdem der Verkäufer sich geweigert hatte, dem Kaufpreis zurückzuzahlen, nachdem der Käufer vom Kauf zurückgetreten war. Mit seinem Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11 – hat der Bundesgerichtshof ein klares Wort gesprochen und in mehrfacher Hinsicht rechtliche Unsicherheiten bei der Beurteilung derartiger Haftungstatbestände beseitigt.
Der BGH stellt fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, ein Werkauftrag ist und der zugrunde liegende Vertrag ein Werkvertrag. Dieser Vertrag verpflichtet den Tierarzt nicht nur, eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen. Sondern dieser Vertrag verpflichtet den Tierarzt auch, seinem Auftraggeber das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten des Tieres mitzuteilen. Hier schuldet der Tierarzt einen fehlerfreien Befund.
Im Falle eines fehlerhaften Befundes bzw. einer Schlechtdurchführung des Werkvertrags haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Etwas anderes kann sich nur ausnahmsweise nach den Maßstäben von Treu und Glauben ergeben, wenn der Verkäufer unproblematisch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bereit ist. Gibt er jedoch zu erkennen, dass er nicht bereit ist, die geltend gemachten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen und den Kaufpreis zurück zu zahlen, so hat der Käufer die freie Wahl, ob er ihn oder den Tierarzt in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
In sinngemäß gleicher Weise urteilte derselbe Senat des BGH bereits am 22.12.2011 in den Entscheidungen VII ZR 136/11 und VII ZR 7/11. In den beiden letzt genannten Entscheidungen wird zudem vom BGH festgestellt, dass der Verkäufer und der Tierarzt hinsichtlich der meisten Forderungen des Käufers/Auftraggebers gesamtschuldnerisch haften. Sie können auch gleichzeitig in einer Klage verklagt werden.
Mehr zum Thema: Haftung des Tierarztes bei der Kaufuntersuchung
Autor: Rechtsanwalt Stephan Pahl

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Ich habe im Mai 2016 ein Pferd gekauft
Nach einem halben Jahr stellte mein Tierarzt ein spritzt abszess fest. Mittlerweile sieht es so das das er operiert werden muss. Telefonnummer gelöscht – bitte nicht öffentlich posten! – Die Redaktion
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